Fortbildung

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Fortbildungskosten / Weiterbildungskosten

Häufig erhält der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber während des Arbeitsverhältnisses eine Fortbildung / Weiterbildung bezahlt. Der Arbeitgeber, der die Weiterbildungskosten bezahlt hat, hat ein Interesse daran, den Arbeitnehmer möglichst lange an sich zu binden, damit der Arbeitgeber die Vorteile der Weiterbildung seines Arbeitnehmers durch die erhöhte fachliche Qualifikation für sein Unternehmen solange wie möglich nutzen kann.

Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ergeben sich dann oft Streitigkeiten darüber, ob der Arbeitnehmer die Weiterbildungskosten zurückzahlen muss und in welcher Höhe. Nicht selten landen solche Streitigkeiten dann vor dem Arbeitsgericht. Hier ist eine qualifizierte Vertretung des Arbeitnehmers durch einen Rechtsanwalt ratsam, um gegebenenfalls unberechtigte Ansprüche des Arbeitgebers abzuwehren.

I. Begriff Weiterbildungskosten / Fortbildungskosten

Unter Fortbildungskosten bzw. Weiterbildungskosten werden alle vom Arbeitgeber für die Bildungsmaßnahme gemachten Aufwendungen verstanden. Dazu gehören insbesondere Schulungskosten, Prüfungsgebühren, Kosten der Unterkunft und der Verpflegung sowie An- und Abreisekosten. Zu den Fortbildungskosten kann aber auch der vom Arbeitgeber gezahlte Lohn gehören, den er an den Arbeitnehmer während der Zeit der Fortbildungsmaßnahme gezahlt hat.

II. Ausdrückliche Rückzahlungsklausel

Vom Arbeitgeber getragene Weiterbildungskosten müssen nur dann vom Arbeitnehmer zurückgezahlt werden, wenn hierfür eine gesonderte, ausdrückliche Rückzahlungsklausel vorliegt, die in einem Tarifvertrag, im Arbeitsvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung enthalten sein kann. Eine Schriftform für Rückzahlungsvereinbarungen ist jedoch nicht vorgeschrieben. Eine zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer geschlossene Rückzahlungsverpflichtung kann aus vielen Gründen unwirksam sein.

III. Gesetzliche Unwirksamkeitsgründe 

Rückzahlungsklauseln sind zum Beispiel gesetzlich untersagt im Berufsausbildungsverhältnis und gleichgestellten Ausbildungsgängen. Nichtig wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) sind auch Vereinbarungen über Kosten von Bildungsmaßnahmen, die der Arbeitgeber zwingend zu tragen hat, wie z.B. für Betriebsarzt, Betriebsbeauftragte oder Betriebsratsschulung. Solche Verbote und inhaltliche Beschränkungen können sich auch aus Tarifvertrag und Betriebsvereinbarung ergeben.

IV. Angemessenheit der Rückzahlungsvereinbarung

 Eine Rückzahlungsvereinbarung muss einer Angemessenheitskontrolle standhalten. Im Streitfalle wird z.B. geprüft, ob die Bildungsmaßnahme für den Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil besitzt und ob dieser Vorteil mit der Dauer der Bindung an die Rückzahlungsverpflichtung in einem angemessenen Verhältnis steht. Der geldwerte Vorteil beim Arbeitnehmer kann sich z.B. aus Aufstiegsmöglichkeiten im Unternehmen ergeben, wie auch aus erhöhten Chancen am allgemeinen Arbeitsmarkt. Kein solcher Vorteil liegt jedoch vor, wenn die Bildungsmaßnahme nur den Zweck hat, vorhandene Kenntnisse und Fertigkeiten des Arbeitnehmers zu erneuern oder seine entsprechenden Kenntnisse und Fertigkeiten zu verbessern und wenn ansonsten keine weiteren Vorteile erlangt werden.

V. Bindungsfrist der Rückzahlungsvereinbarung

Des Weiteren darf die Rückzahlungsklausel nicht eine zu lange Bindungsfrist vorsehen. Mit der Vereinbarung der Bindungsfrist versucht der Arbeitgeber den Arbeitnehmer so lange wie möglich im Unternehmen zu halten. Dies versucht der Arbeitgeber mit einer Vereinbarung zu erreichen, die vorsieht, dass der Arbeitnehmer, je nach dem, wie lange er nach der Fortbildung im Unternehmen bleibt, anteilige Weiterbildungskosten zurück zu zahlen hat.

Die zulässige Länge der Bindungsfrist hängt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ganz entscheidend von der Dauer der Fortbildungsmaßnahme ab. Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht eine Faustformel entwickelt, die allerdings nicht schematisch angewendet, sondern stets anhand des Einzelfalls überprüft und durch eine Abwägung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ergänzt werden muss:

Fortbildung bis zu 1 Monat: Bindung bis zu 6 Monaten

(BAG 05.12.2002 – 6 AZR 539/01; BAG 15.09.2009 – 3 AZR 173/08)

Fortbildung bis zu 2 Monaten: Bindung bis zu 12 Monaten

(BAG 15.12.1993 – 5 AZR 279/93)

Fortbildung von 3 bis 4 Monaten: Bindung bis 24 Monate

(BAG 27.07.2005 – 6 AZR 452/04)

Fortbildung von 6 Monaten bis zu einem Jahr: Bindung nicht länger als 3 Jahre

(BAG 15.12.1993 – 5 AZR 279/93)

Fortbildung von mehr als 2 Jahren: Bindung bis 5 Jahre

(BAG 21.07.2005 – 6 AZR 452/04)

Des Weiteren muss nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in der Fortbildungsvereinbarung vereinbart werden, dass jeweils nur ein anteiliger Betrag zu zahlen ist, je nach dem, wie lange der Arbeitnehmer innerhalb der Bindungsfrist noch im Unternehmen verbleibt. Für jeden Monat der Beschäftigung nach Beendigung der Fortbildungsmaßnahme müssen dem Arbeitnehmer deshalb, je nach Dauer der Bindungsfrist, vom Rückzahlungsbetrag

1/6 bei 6-monatiger Bindungsfrist;

1/12 bei 12-monatiger Bindungsfrist;

1/24 bei 24-monatiger Bindungsfrist;

1/36 bei 36-monatiger Bindungsfrist;

1/60 bei 60-monatiger Bindungsfrist

erlassen werden. Wurde die Bindungsfrist zu lang bemessen oder die abgestufte Rückzahlungsverpflichtung fehlerhaft gefasst, ist die gesamte Rückzahlungsklausel unwirksam.

VI. Vereinbarter Grund für die Rückzahlung

Rückzahlungsklauseln können auch unwirksam sein, wenn der vereinbarte, für die Rückzahlung notwendige Grund unzulässig ist. Es ist z.B. unzulässig, die Pflicht zur Rückzahlung der Fortbildungskosten an jedes Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis zu knüpfen, welches innerhalb der in der Rückzahlungsklausel vereinbarten Bleibefrist stattfindet. Die Rückzahlungsklausel muss deshalb unterscheiden, in wessen Verantwortungs- und Risikobereich die Beendigung des Arbeitsverhältnisses fällt. Deshalb darf keine Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers für den Fall einer berechtigten eigenen Kündigung, im Fall einer betriebsbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber oder in anderen Fällen, in denen der Arbeitnehmer die Kündigung nicht verursacht hat, bestehen. Insbesondere kann der Arbeitgeber Ausbildungskosten nicht zurückverlangen, wenn er z.B. nicht in der Lage ist, den Arbeitnehmer entsprechend seiner Ausbildung im Betrieb zu beschäftigen und der Arbeitnehmer dann das Arbeitsverhältnis deswegen selbst kündigt. Umstritten ist, ob bei Nichtbestehen einer Prüfung im Rahmen der Fortbildung Rückzahlungsverpflichtungen vereinbart werden dürfen.

VII. Umfang der Rückzahlungsverpflichtung

Die Rückzahlungsverpflichtung des Arbeitnehmers muss sich im Rahmen der Rückzahlungsklausel dem Grund und der Höhe nach bestimmen lassen. Sind die zu erwartenden Kosten in der Rückzahlungsvereinbarung nicht vollständig aufgeführt, kann eine Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel in Betracht kommen. Führt der Arbeitgeber die Bildungsmaßnahme selbst durch, so kommt eine Abwälzung von Kosten für Dozent und Ausbilder nicht in Betracht.

VIII. Besonderheiten bei tarifvertraglicher Rückzahlungsklausel

Rückzahlungsklauseln, die in einem Tarifvertrag niedergelegt sind, sind nur begrenzt angreifbar, da davon auszugehen ist, dass die Tarifvertragsparteien regelmäßig eine angemessene Abwägung und Bewertung der Interessen vorgenommen haben. Zu prüfen sind tarifvertragliche Rückzahlungsklauseln nur am Prüfungsmaßstab von höherrangigem Recht und guten Sitten.

VIII. Wirkung von Ausschlussfristen auf Rückzahlungsklauseln

Der Rückzahlungsanspruch des Arbeitgebers gegen den Arbeitnehmer kann unter Umständen ausgeschlossen sein, wenn entsprechende Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag oder im Tarifvertrag niedergelegt sind. Solche Klauseln sehen vor, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer gewissen Frist geltend gemacht werden müssen, damit sie nicht verfallen. Sollten solche Ausschlussfristen nicht im Arbeitsvertrag vereinbart oder im Tarifvertrag niedergelegt sein, so verjähren die Rückforderungsansprüche des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer innerhalb von 3 Jahren.

IX. Verhalten bei Rückzahlungsverlangen

Sollte ihr Arbeitgeber von Ihnen Fortbildungskosten / Weiterbildungskosten zurückverlangen, so sollten Sie die Rückzahlungsklausel schnellstmöglich von mir auf ihre Wirksamkeit prüfen lassen. Soweit sie sich als unberechtigt erweisen, werden sie von mir gegenüber Ihrem Arbeitgeber zurückgewiesen. Sollte Ihr Arbeitgeber dann Klage erheben, so vertrete ich Sie gegenüber Ihrem Arbeitgeber und wehre die unberechtigten Ansprüche ab.